Presseaussendung Virus: Schwere Projektmängel bei S1- Lobauautobahn

Umweltorganisationen und BI untermauern Kritik am Milliardenprojek
In einer gemeinsamen Pressekonferenz machten heute die Umweltorganisationen Forum Wissenschaft und Umwelt (FWU) und VIRUS gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Rettet die Lobau“ auf gravierende Projektmängel der Lobauautobahn S1 aufmerksam. Diese reichten von Beweisfehlern beim Grundwassermodell, die Vorhersagen über projektbedingte Wasserstandveränderungen im Nationalpark Donauauen unmöglich machen über unzureichende Verkehrsuntersuchungen als Einfallstor für negative Umweltauswirkungen zur Gefährdung von Luftsanierungsgebieten. Univ.Doz. Dr. Peter Weish Präsident des Forums Wissenschaft und Umwelt betonte einleitend die Notwendigkeit einer Verkehrswende: „Vor dem Hintergrund von Klimawandel und „Peak oil“ ist es unverantwortlich, den Prinzipien der Nachhaltigkeit diametral widersprechende Fortschrittskonzepte aus dem vorigen Jahrtausend weiter voranzutreiben und knappe Geldmittel weiter völlig falsch für derartige Infrastrukturen einzusetzen.“

Auf die mangelhafte Bearbeitung des für ein Verkehrsprojekt zentralen Fachbereiches Verkehr auf dem andere Disziplinen aufbauen müssen, weist DI Dr. Harald Frey hin, der in Vertretung des FWU-Gutachters Emer. Univ. Prof. DI Dr. Hermann Knoflacher – beide Verkehrswissenschafter der TU-Wien – die Pressekonferenz bestritt: „Es fehlen umfassend Nachweise zur Erreichung der Ziele im Verkehrsbereich, einer Verkehrsentlastung, zu erwartender Verkehrszunahme durch das Vorhaben sowie negativer Veränderung des Modal-Split zuungunsten des öffentlichen Verkehrs. Damit sind aber jeweils auch negative Umweltauswirkungen verbunden.“
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Die geplante Querung von Donau und Lobau wurde deshalb unterirdisch vorgesehen, um oberirdische Flächeninanspruchnahmen im Donauauennationalpark zu vermeiden. Nun liege es aber, wie Dr. Josef Lueger, hydrogeologischer Gutachter im Auftrag der BI Rettet die Lobau ausführt, auf der Hand, dass den von einem grundwasserquerenden Großbauwerk ausgehenden Auswirkungen auf den Feuchtlebensraum Au und seine Gewässer besonderes Augenmerk zu schenken ist. „Im Vergleich zur zentralen Bedeutung dieses Beweisthemas hat sich die Projektwerberin hier wenig Mühe gegeben.

Die zum Einsatz kommenden schlecht dokumentierten Grundwasserströmungsmodellberechnungen wurden nicht dem Stand der Technik entsprechend ausgeführt, widersprechen empirischen Beobachtungen der Untergrundverhältnisse sowie amtlichen Referenzgrundwasserständen und enthalten als besonderes Gustostückerl logische Beweisfehler. So sind die Wasserstände der Oberflächengewässer im Modell als unveränderlich definiert, das Modell ermöglich daher schon vom Ansatz her keine Vorhersagen über projektbedingte Wasserstandveränderungen im Nationalpark.“

Auch Mag. Dr. Aron Vrtala Sachverständiger für Luftschadstoffe und Lärm ortet für seinen Fachbereich unzureichende Grundlagen „Die Berücksichtigung von Vertrauensintervallen ist für die Interpretation aller Ergebnisse unerlässlich. Insbesondere bei Verkehrsprognosen über größere Zeiträume sind naturgemäß größere Unsicherheiten unvermeidbar, werden aber nicht ausgewiesen oder berücksichtigt. Dies Mühe sparend zu ignorieren, nur weil etwa die zum Einsatz kommende Software dies nicht im Lieferumfang hat, ist unzureichend, denn so kann keine interpretierbare Grundlage hergestellt werden.

Die geplante Autobahn verläuft ferner durch zu sanierende Gebiete mit hoher Beeinträchtigung durch Feinstaub und Stickoxide. „Das Immissionsschutzgesetz-Luft regelt Grenzwerte zum Schutz des Menschen, der Tiere und der Vegetation. Wenn über die nach diesem Gesetz eingerichteten Luftsanierungsgebiete der Ostregion ein umfangreiches Netz neuer Autobahnverbindungen und emissionsintensiver Projekte gelegt werden soll und trotz teilweise gemeinsamer Bearbeitung im selben Haus die Nachbarprojekte bei den Einreichungen jeweils unberücksichtigt bleiben, dann besteht die Gefahr, dass sich die einzelnen Zunahmen zu nennenswerten Mengen akkumulieren,“ so Vrtala.

Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation VIRUS fasst zusammen: „Ähnlich wie beim angeblich dichten Lobauuntergrund, der sich als Trugbild erwiesen hat, wurde uns weisgemacht, dass im Grundwasser liegende Tunnelröhren von 15 Metern Durchmesser keinen Einfluss auf Grundwasser und Augewässer des Nationalparks haben können. Und nun stellt sich heraus, dass quer durch die Disziplinen das Gerüst, mit dem die Umweltauswirkungen erfasst werden sollen, einsturzgefährdet und das Projekt weder ausreichend noch nachvollziehbar dokumentiert, also entgegen der anders lautenden offiziellen Erklärung unvollständig ist.“

FWU, Rettet die Lobau, VIRUS und ihre Sachverständigen ziehen den Schluss, dass die Verkehrsministerin als UVP-Behörde der Asfinag jedenfalls umfassende Ergänzungen und Neuberechnungen vorschreiben müsste, bevor an Entscheidungsreife auch nur gedacht werden könne, eine konsequente Vorgangsweise dieser Art würde allerdings der bisherigen Verfahrenspraxis widersprechen. Im öffentlichen Interesse der Gewährleistung eines hohen Umweltschutzniveaus fordern die Organisationen die Abweisung des Genehmigungsantrages des Risikoprojekts Lobauautobahn wegen des unauflösbaren Widerspruchs zwischen der Realisierung der S1 zu Projektzielen ebenso wie zu übergeordneten gesellschaftlichen Zielen.

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