DONAUSPITAL – Ein Film von Nikolaus Geyrhalter

Donauspital portraitiert eines der größten Spitäler Europas und zeigt die täglichen Routinen und Arbeitsprozesse innerhalb eines übermächtigen und hochkomplexen Apparates. Über das Portrait eines modernen Krankenhauses hinausgehend wird Donauspital damit auch zu einem Spiegelbild unserer Gesellschaft und ihres Umgangs mit Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod. 25.03.2012 23:05 – Erstausstrahlung auf ORF 2

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Das Donauspital, der Film - © Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion GmbH

Das Sozialmedizinische Zentrum Ost – Donauspital ist das zweitgrößte Krankenhaus Wiens. Am Beginn von Nikolaus Geyrhalters Dokumentarfilm sieht man jedoch keine hektischen Sanitäter in der Notaufnahme um Leben kämpfen, sondern still vor sich hin rollende, gelbe Wagen im Tiefgeschoß des Gebäudes. Mit blinkenden Warnleuchten folgen sie unsichtbaren Schienen, während eine krächzende Tonbandstimme unentwegt auf die Gefahr des automatischen Transports hinweist. Ein perfekt passendes erstes Bild für einen Film, der buchstäblich beispielhaft von jener Routine erzählt, die den Alltag eines jeden Krankenhauses bestimmt.

 In bester Tradition des Direct Cinema stehend und auf Kommentar, Musik und Interviews verzichtend, beobachtet Nikolaus Geyrhalter das Geschehen in den unterschiedlichen Abteilungen: in Konferenzräumen, in den Operationssälen, in den Patientenzimmern, in der Desinfektion ebenso wie in der Pathologie und der Spitalsküche. Dabei folgt die Struktur des Films einem ausgeklügelt funktionierenden Setzkastenprinzip, bei dem die Teile erst in ihrer Gesamtheit wirksam werden. Somit ist Donauspital zwar ein exemplarischer Film über ein bestimmtes Wiener Krankenhaus, zugleich aber ein allgemeingültiger Film. Nicht Einzelschicksale und heroische Lebensrettungen bekommt man hier zu sehen, sondern ein Institutionsporträt, das sich seinem Gegenstand aus unterschiedlichen Richtungen annähert.

Donauspital ist ein für Nikolaus Geyrhalter typischer Film, indem er scheinbar unsichtbare Abläufe präzise beobachtet und zueinander in Verbindung setzt. So bestimmt auch weniger die Tageszeit den Rhythmus des Films – wenngleich pünktlich zur Halbzeit das Mittagessen serviert wird –, sondern eine die Routine bestimmende innere Logik: Wenn in der Neonatologie die kleinen Körper der Frühchen hinter den Schläuchen zu verschwinden drohen, kommt der Nacktheit der Toten in der Pathologie eine neue Bedeutung zu. Und wenn die kleine Gruppe in der Seelsorge darüber diskutiert, dass man mitten im Gebäude keine Kerzen anzünden dürfe und deshalb Lichter aus Pappe bastelt, erscheint der mit Glühlampen geschmückte Weihnachtsbaum am Gang buchstäblich in einem anderen Licht.

Vor mehr als vierzig Jahren drehte der US-Filmemacher Frederick Wiseman, einer der herausragenden Dokumentaristen des modernen Kinos, mit Hospital einen Film über das Metropolitan Hospital Center in New York. Wiseman richtete sein Augenmerk auf den Emergency Room, und damit auf die Hilflosigkeit und Überforderung eines Systems. Donauspital zeigt, wohin sich dieses System Jahrzehnte später verändert hat, wie die Überforderung mithilfe hochmoderner Technik einer Überwachung und Kontrolle gewichen ist. Vielleicht macht es auch deshalb Spaß, wenn man am Ende sieht, wie einer der automatisierten gelben Wagen einem Leichentransport den Vortritt lassen muss.

(Michael Pekler)

Hinweis! Link update!

http://www.geyrhalterfilm.com/donauspital_-_smz_ost

oder

http://www.geyrhalterfilm.com/

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